Was ist Autismus
Informationen zum Autismus-Spektrum
Diagnose Autismus
Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) – zu ihnen gehören der „Frühkindliche Autismus“, der „Atypische Autismus“ und das „Asperger-Syndrom“ – werden nach internationalen Diagnosesammlungen (ICD-10 oder DSM IV) diagnostiziert. Sichtbare Symptome der ASS bilden die Diagnosekriterien.
Beim Frühkindlichen Autismus (ICD-10 F84.0) müssen Schwierigkeiten in drei Bereichen vorhanden sein:
- Qualitative Schwierigkeiten der gegenseitigen sozialen Interaktion: Den Betroffenen fehlt weitgehend die Möglichkeit, soziale Signale zu verstehen und zu senden; sie zeigen Auffälligkeiten im zwischenmenschlichen Verhalten (mögliche Symptome: Probleme mit Blickkontakt, Mimik und Gestik, geringes Interesse an Anderen, ungeschickten Formen der Kontaktaufnahme, fehlendes Verständnis für Abläufe innerhalb von Gruppen)
- Qualitative Schwierigkeiten der Kommunikation: Die Betroffenen können Sprache – wenn überhaupt vorhanden – nicht im sozialen Miteinander sinnvoll gebrauchen (mögliche Symptome: fehlende oder verzögerte Sprachentwicklung oder Verlust von vorhandener Sprache, Wiederholen von Wörtern oder Sätzen)
- Begrenzte, repetitive (sich wiederholende) und stereotype (gleichförmige) Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten: Die Betroffenen neigen dazu, große Teile alltäglicher Aufgaben starr und routiniert durchzuführen (mögliche Symptome: Drehen an Rädern von Spielzeugautos, Aufreihen von Gegenständen, auffällige Hand oder Körperbewegungen, Angst vor Neuem, Unsicherheit bei Veränderungen, ausgeprägte Spezialinteressen)
Der Atypische Autismus (ICD-10 F84.1) unterscheidet sich vom frühkindlichen Autismus dadurch, dass sich erste Symptome erst nach dem dritten Lebensjahr manifestieren (atypisches Erkrankungsalter) und/oder dass nicht alle Diagnosekriterien des frühkindlichen Autismus vollständig erfüllt sind (atypische Symptomatik).
Beim Asperger-Syndrom (ICD-10 F84.5) zeigen sich (wie beim Frühkindlichen Autismus) qualitative Beeinträchtigungen der gegenseitigen sozialen Interaktion sowie ungewöhnliche, intensive und umschriebene oder begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten.
Allerdings fehlt eine klinisch eindeutige allgemeine Verzögerung der gesprochenen oder rezeptiven Sprache oder der kognitiven Entwicklung.
Menschen mit Asperger-Syndrom können sich sprachlich ausdrücken, aber auch bei ihnen ist der Kontakt zu Gleichaltrigen immer erschwert.
Es fehlt ihnen häufig die intuitive Fähigkeit, Gefühle und soziale Situationen ausreichend zu verstehen und die Fähigkeit, angemessen Kontakt aufzunehmen.
Häufig spielen Kinder mit Asperger-Syndrom lieber alleine oder mit Erwachsenen und brauchen oft eine „soziale Pause“. Wenn sie mit anderen Kindern spielen, fallen sie durch eine besondere Selbstbestimmtheit oder soziale Ungeschicktheit auf.
Dazu tragen auch sprachliche Besonderheiten bei (z.B. gestelzte Sprache, auffällige Sprachmelodie, Fixierung auf bestimmte Themen).
Sie entwickeln nicht selten Spezialinteressen (wie Automarken, Wetterkarten etc.) und sind für andere Themen (z.B. in der Schule) nur schwer zu motivieren.
Bei ihren Spezialinteressen können sie erstaunliche Fähigkeiten zeigen. Diese Fähigkeiten kontrastieren aber meist in hohem Maße mit Problemen im alltagspraktischen Bereich.
Viele Kinder mit Asperger-Syndrom sind im Motorischen (z.B. bei Ballspielen, Handschrift) ungeschickt, vermeiden sportliche Aktivitäten und geraten oft in eine Außenseiterposition.
In der Schule werden sie nicht selten zur Zielscheibe von Spott und Hänseleien.
Das Asperger-Syndrom gibt es in jeder Ausprägung, es ist aber nicht per se ein „leichter Autismus“.
Treten die Symptome des Frühkindlichen Autismus zusammen mit normaler Intelligenz auf, wird häufig vom High-Functioning-Autismus gesprochen (keine offizielle ICD-10 Diagnose). Diagnostisch wichtig ist hier insbesondere die oft verzögerte Sprachentwicklung. Es erfolgt dann aber später eine normale Sprachentwicklung, bei der ein mit dem Asperger-Syndrom vergleichbares Funktionsniveau erreicht werden kann.
Gegenüber dem Asperger-Syndrom sind die motorischen Fähigkeiten meist deutlich besser.
Viele High-Functioning-Autisten sind deshalb als Erwachsene nicht von Asperger-Autisten zu unterscheiden, meistens bleiben die autistischen Symptome aber wesentlich deutlicher ausgeprägt als beim Asperger-Syndrom.
Eine korrekte Diagnose ist wichtig, um die Betroffenen richtig verstehen und gezielte Hilfe leisten zu können. Symptomsammlungen und Selbstdiagnosemöglichkeiten in Büchern oder Internet ersetzen keine fachliche Diagnose. Die Diagnose kann im Kindes- und Jugendalter z.B. durch Kinder- und Jugendpsychiater, Kinder- und Jugendpsychiatrien und Sozialpädiatrische Zentren, im Erwachsenenalter durch Psychiater, Neurologen und Psychiatrische Kliniken gestellt werden, teilweise in Zusammenarbeit mit den Therapiezentren des Verbandes „Autismus Deutschland“. Die Diagnoseeinrichtungen sollten regelmäßig mit der Diagnosestellung zu tun haben. Die Diagnose kann sich aus verschiedenen Teilen zusammensetzen:
- Einsatz verschiedener Fragebögen
- ausführliche Erhebung der Vorgeschichte (Anamnese)
- Abklärung der aktuellen Schwierigkeiten
- Verhaltensbeobachtungen
- körperliche und neurologisch-psychiatrische Untersuchungen
- psychologische Untersuchungen (z.B. in den Bereichen Wahrnehmung, Sozialverhalten, Sprache, Motorik, intellektuelle Fähigkeiten)
- Untersuchungen mit autismusspezifischen Instrumenten (z.B. ADI-R und ADOS)
Zur Früherkennung von Autismus-Spektrum-Störungen finden sich in Büchern und im Internet verschiedene Symptomsammlungen und Fragebögen (z.B. M-CHAT). Diese – wie auch die folgenden Hinweise – können zur Orientierung dienen, ersetzen aber keine fachliche Diagnose.
Frühe Hinweise auf eine mögliche Autismus-Spektrum-Störung:
- kein Interesse an anderen Kindern
- keine Reaktion auf Rufen des Namens
- kein Imitieren
- keine Zeigegesten
- mangelnder Augenkontakt
- keine gemeinsam gerichtete Aufmerksamkeit („joint attention“) [Bei der gemeinsam gerichteten Aufmerksamkeit ist das Kind z. B. in der Lage, der Blickrichtung der Mutter zu einem Objekt zu folgen und seine Aufmerksamkeit zwischen Objekt und Mutter hin und her zuwechseln.]
Diese Hinweise zeigen, dass eventuell ein Risiko für eine reguläre Entwicklung besteht und es sinnvoll sein könnte, das Kind von einem Spezialisten genauer untersuchen zu lassen.
Therapie
Autismus-Spektrum-Störungen variieren stark. Unsere Klientel setzt sich sowohl aus Personen mit einer Schwermehrfachbehinderung als auch aus Personen mit kognitiven Fähigkeiten im Bereich von Lernbehinderung, Normalbegabung oder Hochbegabung zusammen. Auch variiert die Alterspanne unserer Klientel zwischen 2 und 54 Jahren. Zudem liegen häufig Entwicklungsverzögerungen in den Bereichen der Wahrnehmungsverarbeitung und der Motorik vor.
Weiterhin bestehen mitunter weitere Schwierigkeiten wie z.B. Ängste oder Zwänge. Daher wird die Therapie individuell auf jeden Klienten und seine Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmt, wobei verschiedene Methoden zum Einsatz kommen und unterschiedliche Förderinhalte bearbeitet werden.Therapiemethoden:
Verhaltenstherapie
Elemente der Verhaltenstherapie spielen, aufgrund der besonderen Weise in der Menschen mit Autismusspektrumstörung Neues erlernen, eine große Rolle. Das Lernen über Imitation und die Orientierung an der sozialen Gruppe sind häufig eingeschränkt, ein intuitives Erfassen von Situationen und die Übertragung bereits gelernter Fähigkeiten fallen ebenfalls oft schwer. Hilfreich ist dagegen das Anbieten klarer „wenn-dann-Zusammenhänge“ in Kombination mit – nach Möglichkeit – positiven Konsequenzen. Hierüber gelingt das Erlernen neuer Verhaltensweisen leichter, auch bieten die klare Struktur und Vorhersehbarkeit Sicherheit und erleichtern die Übertragung auf andere Situationen.
Auch für das Umfeld ist die dazu gehörige genaue Verhaltensanalyse, die den Zusammenhang von Reaktionen mit z.B. Umweltreizen transparent macht, hilfreich, um Verhalten besser verstehen zu können und sich handlungsfähiger zu fühlen. Hier werden z.B. Verhaltensbeobachtungen durchgeführt, aus denen dann Verstärkerpläne entwickelt werden können.
Verhaltenstherapeutische Techniken werden sowohl bei konkreten Verhaltensweisen, z.B. bei der Förderung der Selbstständigkeit, als auch bei der Bearbeitung von Einstellungen und inneren Haltungen, z.B. bei Ängsten oder Zwängen angewendet.
TEACCH
Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children
(Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbehinderter Kinder)
Das TEACCH-Modell wurde in den 70er Jahren an der Universität von North Carolina von Schopfer u.a. entwickelt. Das Programm wendet sich nicht nur an Kinder sondern ist für alle Altersgruppen und Behinderungsgrade einsetzbar. Vorgehensweise dieser Methode ist die Strukturierung des Umfeldes und Lernortes des Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung in einer Form, die für ihn verstehbar ist und ihn so entspannt, dass das Erlernen neuer Dinge und das selbstständige Ausführen von Aufgaben gelingen kann. So wird zum einem die Selbstständigkeit gefördert, zum anderen durch spezielle Lern- und Übungsangebote ein individuelles Förderangebot gemacht. Über das Hervorheben von Strukturen und der Visualisierung von Abläufen werden komplexe Handlungen in Teilschritte unterteilt. Dies erleichtert die Orientierung in Zeit und Raum, die autistischen Menschen häufig schwer fällt. Insbesondere visuelle Hilfen werden von Menschen mit autistischen Störungen als hilfreich empfunden und unterstützen das Verständnis für Abläufe und Situationen. Besonders wichtig ist dabei auch das bessere Verstehen „was als nächstes kommt“ und die Möglichkeit, Informationen im eigenen, individuellen Tempo zu verarbeiten. Auch verhindert die visuelle Struktur Verunsicherung, wenn gesprochene Information vergessen oder nicht richtig verstanden wurde.
Unterstützte Kommunikation
Viele Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung verfügen über keine oder sehr eingeschränkte aktiv-sprachliche Fähigkeiten, während ihr Sprachverständnis und ihr passiver Wortschatz dagegen größer sind. Die Methoden der unterstützten Kommunikation bieten hier alternative Formen der Kommunikation an.
Dazu gehört auch die Methode, über den Austausch von Bild-, Symbol- oder Wortkarten zu kommunizieren (PECS), die Ende der 80er- Jahre von Lori Frost und Dr. Andy Bondy speziell für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung entwickelt worden ist. Hier findet eine sehr klar strukturierte und kontinuierliche Vorgehensweise statt, die sich an den Interessen und Vorlieben des Klienten orientiert, um so das Interesse zu wecken und die Eigenmotivation zur Kommunikation zu stärken. Außerdem bietet der Einsatz von Bildkarten eine hohe Möglichkeit der Übertragbarkeit, weil er vom Interaktionspartner schnell verstanden werden kann.
Eine andere Möglichkeit bietet der Einsatz von Gebärden.
Elektronische Kommunikationshilfen bieten ebenfalls die Möglichkeit über Symbole, Bilder oder auch Schriftsprache zu kommunizieren, häufig auch mit der Möglichkeit der Sprachausgabe. Wichtig bei allen Methoden ist die Übertragung auf alle Lebensbereiche und die Einbettung in den Alltag, um sie durch regelmäßiges Anwenden und Üben installieren zu können. Daher ist eine enge Einbindung des Umfeldes Vorraussetzung.
Sensorische Integrationstherapie
Sensorische Integration nach Jean Ayres ist die sinnvolle Aufgliederung und Verarbeitung von Sinneserregungen im zentralen Nervensystem, die überhaupt erst eine adäquate Auseinandersetzung mit der Umwelt ermöglicht. Fehlt diese entsprechende Verarbeitung im zentralen Nervensystem, können zielgerichtete und geplante Handlungen auf Umweltreize nicht erfolgen. Dies kann sich z.B. zeigen in übermäßiger Unruhe oder deutlich herabgesetzter Aktivität, Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, Irritation auf Berührungsreize, mangelndes Selbst- und Körperbewußtsein, Anpassungsschwierigkeiten in neuen Situationen, motorischer Ungeschicklichkeit, Geräuschempfindlichkeit, Teilleistungsstörungen und vielem anderen. Auch diese Therapieform ist dem individuellen Entwicklungsstand des Klienten angepasst und beinhaltet eine diagnostische Befunderhebung wie z.B. einem Screening. Im Rahmen der Therapie wird dem Klienten die Möglichkeit geboten, eine Fülle an Sinnesreizen zu sammeln und sinnvoll miteinander zu verknüpfen, vor allem in den Bereichen des Gleichgewichtssinnes, der Tiefenwahrnehmung, der Berührung und des Tastens. Eine Rolle spielen auch die Koordination von Auge und Hand sowie die Handlungsplanung und Bewegungskoordination. Gearbeitet wird dabei u.a. mit Schaukel,- und Drehbewegungen, Klettermöglichleiten, schiefer Ebene, Bewegungsparcours, Trampolin, Bällchenbecken, Wasserbett, Massagematte, Druck- und Zugübungen, Gewichten, unterschiedlichen taktilen Angeboten u.a..
Kreativtherapeutische Ansätze
Personen mit Autismus-Spektrum-Störung sind in ihren Interessen und Verhaltensweisen häufig begrenzt und beschränken sich auf bereits Vertrautes. Neben den durch den Autismus bedingten Gründen für dieses Verhalten spielen häufig auch andere Faktoren, wie z.B. Misserfolgserlebnisse, mangelnde Umwelterfahrungen oder wenig Zutrauen in sich selbst, eine Rolle.
Kreativtherapeutische Methoden wie Malen oder bildnerisches Gestalten bieten eine Möglichkeit, neue Umwelterfahrungen zu machen und so das eigene Verhaltensrepertoire zu erweitern. Dabei steht das Erleben und Erfahren von Materialien im Vordergrund und nicht unbedingt das Resultat. Das Erleben, durch das eigene Handeln etwas zu bewegen und zu verändern, ist in hohem Maße selbstwertstärkend und fördert die Handlungskompetenz. Die Erfahrung, sich auf fremde Reize und neues Tun eingelassen zu haben und diese angenehm empfunden zu haben, senkt außerdem Ängste und löst Blockaden. Auch Aggressionen können im gestalterischen Rahmen bearbeitet und umgelenkt werden.
„Mehr als alles andere ist es die kreative Wahrnehmung, die dem Einzelnen das Gefühl gibt, dass das Leben lebenswert ist“ (Winniecott).
Motopädie
Ziel der Motopädie, die in den 50er- Jahre u.a. von Ernst J. Kiphard entwickelt wurde, ist die ganzheitliche Ansprache des Klienten in der Körper- und Bewegungsarbeit, d.h. die Förderung der Wahrnehmung, der Bewegung, der Sprache sowie des Denkens und Erlebens. Klienten, die durch Einschränkungen der Wahrnehmungs- und Bewegungsfunktionen, Beeinträchtigungen im sozialen Leben und emotionalen Erleben haben, werden gezielt gefördert. Da Lernen, Wahrnehmung und Bewegung eng miteinander verbunden sind, ist die spielerische Wahrnehmung des eigenen Körpers ein Kernelement der Motopädie. Erlebnisorientierte und funktionale Wahrnehmungs- und Bewegungsangebote bieten die
Möglichkeit zur Entwicklung neuer Fähigkeiten. Bewegung wird als wesentlicher Teil der Persönlichkeitsentwicklung gesehen.
Therapieschwerpunkte
Förderung der Fertigkeiten zur sozialen Interaktion und Kommunikation
In diesem Bereich finden sich die Kardinalsymptome autistischer Störungen. Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung fällt es schwer, Signale sozialer Interaktion adäquat wahrzunehmen und zu deuten. So werden Mimik und Gestik vielleicht nicht erkannt oder ironische Bemerkungen oder Redewendungen nicht verstanden. Auch senden die Klienten selbst mitunter irritierende Signale für ihr Umfeld aus, so kann es den Anschein haben, eine Person mit Autismus-Spektrum-Störung sei emotional unbeteiligt, obwohl sie bereits sehr wütend oder verunsichert ist. Stimmlage und Tonfall erscheinen vielleicht unpassend zum Erzählten. Oft fällt auch das Erkennen der eigenen emotionalen Vorgänge schwer. Auch der angemessene, intuitive Einsatz von Blickkontakt kann fehlen. Ebenso scheinen Mimik und Gestik keine inhaltliche Bedeutung zu haben oder fehlen ganz. Beim Interaktionspartner wird häufig vorrangig die Faktenebene wahrgenommen, die Zwischenebene, das, was eigentlich gemeint ist, wird nicht wahrgenommen. So kann die Antwort auf die Frage „Können Sie mir sagen, wie spät es ist?“, dann eben einfach „ja“ lauten. Im Rahmen der Therapie wird das Erkennen von emotionalen Vorgängen bei sich und anderen geübt. Zum Einsatz kommen dabei Bild- und Fotokarten, Rollenspiele und Rückmeldung über die eigene Außenwirkung durch Filmsequenzen, die gemeinsam analysiert werden. Ziel ist es dabei auch, die Eigenwahrnehmung zu fördern.
Training sozialer Kompetenzen
Soziale Kompetenz bezieht sich auf die Fähigkeiten, die für einen angemessenen zwischenmenschlichen Kontakt erforderlich sind. Dazu gehören u.a. die Fähigkeit, eigene Wünsche zu äußern, Grenzen aufzuzeigen und zu akzeptieren, Kompromisse einzugehen, Kritik angemessen zu äußern und annehmen zu können, Komplimente zu machen und anzunehmen, um Hilfe zu bitten und vieles andere mehr. Diese Fähigkeiten setzen ein stabiles Selbstwertgefühl und ein Durchschauen sozialer Situationen voraus. Dies ist für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung häufig eine Überforderung.
Konflikte entstehen unter anderem auch aus der mangelnden Fähigkeit, soziale Gefüge zu durchschauen, z.B. Hierarchien zu erkennen und das eigene Verhalten der spezifischen Gegebenheit anzupassen. Im Rahmen der Förderung wird mit Hilfe von Medien wie Bildergeschichten, Fotokarten, Rollenspielen und Filmaufnahmen gearbeitet. Zusätzlich finden Übungen in Realsituationen statt. Die gemeinsame Analyse und daraus resultierende Absprachen zu Verhaltensänderungen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, um den Klienten dafür zu sensibilisieren, wie er reagiert und warum andere eventuell anders empfinden. Dabei soll nicht richtig und falsch im Vordergrund stehen, sondern das Aufdecken von individuellen Unterschieden. Der Klient soll den Umgang mit gesellschaftlichen Absprachen und Normen erlernen und sich dennoch in seiner Art und Besonderheit ernst nehmen.
Entwicklung eines passenden Störungs- und Selbstbildes
Psychoedukative Elemente, die in alters- und entwicklungsgerechter Form Informationen zum Thema Autismus vermitteln, sind ein weiterer Baustein vieler Therapien. Ziel ist es dabei, in selbstwertfördernder Form ein realistisches Selbstbild entwickeln zu lernen. Das Augenmerk liegt daher auf einem ressourcenorientierten Zugang zum Thema Autismus, die eigene Besonderheit soll nicht als „Makel“ empfunden werden, sondern als persönliches Merkmal in das eigene Selbstbild integriert werden. Das Wissen um eigene Stärken und Schwächen erleichtert viele Alltagssituationen für die Klienten. Auch für das Umfeld ist es wichtig, über das Thema Autismus informiert zu sein, um spezifische Verhaltensweisen besser einordnen und verstehen zu können und sich handlungskompetenter zu fühlen.
Förderung der Selbstständigkeit
Dieser zentrale Förderschwerpunkt deckt ein weites Spektrum ab. So kann es sowohl um basale Fähigkeiten wie Toilettentraining oder selbstständiges Essen gehen als auch um die Ablösung vom Elternhaus und die möglichst selbstständige Versorgung in eigener Wohnung. Ziel dabei ist es immer, gemeinsam mit dem Betroffenen und dem Umfeld abzuwägen, wieviel Eigenständigkeit erreicht werden kann und in welchen Bereichen der Klient auf Hilfe von außen angewiesen bleiben wird. Dies setzt eine enge Zusammenarbeit voraus, da in der Therapie angebahnte Fertigkeiten im alltäglichen Lebensumfeld geübt und gefestigt werden müssen. Zum Einsatz kommen dabei häufig visuelle Strukturierungshilfen nach TEACCH, um die direkte Anleitung durch Bezugspersonen einzugrenzen und möglichst eigenständiges Handeln zu ermöglichen. Auch finden hier verhaltenstherapeutische Elemente, wie z.B. Verstärkerpläne, Anwendung.
Grundlage zum Erwerb neuen Verhaltens sind oft auch motorische Übungseinheiten, um spezifische Fertigkeiten zu trainieren.
Spiel- und Beschäftigungsverhalten
Auch dieser Förderbereich umfasst eine große inhaltliche Spannbreite. Abhängig von den Bedürfnissen und dem Entwicklungsstand der Klienten kann es hierbei um das Anbahnen erster kurzer Sequenzen von materialgerechtem Spielzeuggebrauch gehen, bis hin zu der angemessenen eigenständigen Gestaltung von Freizeit.
Basis hierfür ist immer die Förderung der Fähigkeit, die eigene Aufmerksamkeit zu fokussieren, der Ausbau der Konzentrationsfähigkeit und eine Verringerung der Ablenkbarkeit durch Umweltreize. Hier finden dann z.B. Elemente aus der sensorischen Integrationstherapie, Strukturierungshilfen nach TEACCH, oder verhaltenstherapeutische Methoden Anwendung. Häufig werden erste einfache Spielsequenzen aus dem Bereich der Wahrnehmungsförderung abgeleitet, da viele der dort verwendeten Materialien einen hohen Aufforderungscharakter haben und zu Handlungsinitiative motivieren. Weitere Inhalte sind z.B. das Erlernen von „so-tun-als-ob“ Sequenzen im Spiel und die Entwicklung freier Rollenspielsequenzen, eventuell zuerst über Spielfiguren, Handpuppen o.ä.. Häufig geht es auch darum, Stereotypien umzulenken oder spezifische Interessen zur Erweiterung des Handlungsspielraumes zu nutzen. So kann ein Kind, das sich für Buslinien und Fahrpläne interessiert, angeregt werden, den nächsten Ausflug der Therapiegruppe zu organisieren. Oder ein Spezialinteresse kann Anreiz sein, alleine zur Stadtbücherei zu fahren, um dort neue Literatur zu suchen. So kann die therapeutische Kleingruppe auch eine Vorbereitung auf den Besuch einer Freizeitgruppe sein.
Arbeitsverhalten
In diesem Bereich steht der Erwerb von Techniken im Vordergrund, die es dem Klienten erleichtern, an ihn gestellt Aufgaben zu bewältigen. Grundlage sind auch hier Übungen zur Verlängerung der Aufmerksamkeitsspanne und der Konzentrationsfähigkeit, sowie die Steigerung der Belastbarkeit. Dies erfolgt kleinschrittig, um schnell Erfolgserlebnisse zu schaffen und die Eigenmotivation zu wecken. Visuelle Strukturierungshilfen nach TEACCH verschaffen dem Klienten Überblick über die Art der Aufgabe, das benötigte Material, die einzelnen Handlungsschritte und vor allem über Beginn und Ende der Tätigkeit. Auf diese Weise kann ein hohes Maß an Eigenständigkeit erworben werden. Sinnvoll sind dabei z.B. auch Wochenpläne, Lerntagebücher und Arbeitspläne aus der Verhaltenstherapeutischen Methodik.
Wahrnehmungsverarbeitung
Die Wahrnehmungsverarbeitung von Umweltreizen, die über die verschiedenen Sinneskanäle empfangen werden, ist bei vielen Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung gestört. Dabei kann es sowohl zu Überempfindlichkeiten kommen, so dass Reize überflutend und bedrohlich wahrgenommen werden, als auch zu Formen von Unterstimulation, bei denen Reize nur begrenzt empfunden werden und eine Unempfindlichkeit besteht. Im Alltag zeigen sich diese Wahrnehmungsverarbeitungsstörungen häufig durch Stereotypien, die der Selbststimulation dienen bzw. einen Schutz vor Umweltreizen bieten. Auch Ängste und Vermeidungsverhalten oder das Beharren auf bestimmten Ritualen haben ihren Ursprung häufig in der beeinträchtigten Verarbeitung von Umweltreizen.
Über das gezielte und kontinuierliche Anbieten unterschiedlicher Reizqualitäten und Intensitäten wird die Verarbeitung von Umweltreizen differenziert, zusätzlich werden dabei auch bestehende Vermeidungen abgebaut und der Verhaltensspielraum erweitert.
Hier kommen Methoden der sensorischen Integrationstherapie zur Anwendung.
Motorik
Motorische Entwicklungsverzögerungen begleiten Autismus-Spektrum-Störungen fast immer; hier spiegeln sich auch die Schwierigkeiten bei der adäquaten Verarbeitung von Umweltreizen wider. Es finden sich sowohl Verzögerungen im Bereich der Grob- als auch der Feinmotorik sowie der Ganzkörperkoordination und des Gleichgewichtssinnes. Mitunter haben Misserfolgserlebnisse bereits zu Ängsten und Vermeidungsverhalten geführt, so dass es nie um das isolierte Üben von Fertigkeiten geht, sondern um das ganzheitliche Fördern von Psyche und Motorik. Über spielerische Elemente werden dabei Vermeidungsstrategien abgebaut und die Freude und der Spaß an Bewegung und das Erspüren des eigenen Körpers gefördert. Das Erleben der eigenen Handlungskompetenz stärkt so auch immer das Selbstwertgefühl und das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten. Eine verbesserte Körperbeherrschung erleichtert auch den Zugang zur Umwelt. Dies wird über motopädische Elemente angebahnt.
Umfeldarbeit
Eine wichtige Grundlage für das Gestalten eines erfolgreichen Förderprozesses ist die Einbindung des Umfeldes. Dazu können neben der Familie auch Lehrer, Mitschüler, Erzieher, Integrationshelfer, Mitarbeiter von Wohnheimen, Werkstätten, Berufsbildungswerken u.a. gehören. Ein Bestandteil der Zusammenarbeit ist die Übertragung der Therapieinhalte in das alltägliche Umfeld des Klienten. Zusätzlich werden im Rahmen von Anleitungsgesprächen konkrete Vorgehensweisen bei schwierigen Verhaltensweisen besprochen. Weiterhin werden Informationen zum Behinderungsbild gegeben, um Verhaltensweisen verständlicher zu machen und Interventionen entwickeln zu können. Und natürlich ist die Rückmeldung aus dem alltäglichen Umfeld des Klienten ein wichtiger Baustein für die Ausrichtung der Förderschwerpunkte. Neben regelmäßigen Gesprächsterminen können auch Hospitationen an den Therapiestunden stattfinden.